Portrait Corinne Stäuble

Plötzlich auf der Trainerbank

EMANZIPATION AUF DEM RASEN – Trainerinnen sind im Fussball bisher rar. Doch Corinne Stäuble stellt eine Ausnahme dar.

DÖTTINGEN (nm) – Corinne Stäuble konnte sich nie vorstellen, Trainerin zu sein. Der Gedanke daran schien ihr so fern wie eine Reise zum Mond. Sie sah sich vielmehr als Spielgestalterin auf dem Platz. Da blühte sie auf und zeigte Durchhaltevermögen, unabhängig davon, wie herausfordernd die Lage war. Andernfalls wären Karrierestationen in der höchsten bis zur tiefsten Schweizer Frauenliga kaum möglich gewesen.

Doch 2021 änderte sich etwas. Verantwortlich dafür war Rolf Knecht. Der damalige Cheftrainer der Frauenmannschaft des FC Döttingen und heutiger Präsident des Vereins suchte eine rechte Hand, weil sich seine Arbeitszeiten zunehmend mit den abendlichen Trainingseinheiten überschnitten. Also wandte er sich an Stäuble, die zu jener Zeit wie heute noch für den FC Brugg aufläuft – die beiden begegneten sich 2020 zum ersten Mal, als der FC Brugg und FC Döttingen eine Kooperation eingingen.

STARKE UNTERPRÄSENTATION VON FRAUEN

«Ich wusste nicht genau, ob ich der Aufgabe einer Co-Trainerin gewachsen bin», sagt Stäuble an einem sonnigen Märztag im Vereinshaus des FC Döttingen. «So habe ich es einfach mal probiert.» Und es hat sich offenbar gelohnt. Inzwischen ist die 37-Jährige gar zur Cheftrainerin aufgestiegen, während Knecht ihre Assistenz übernommen hat. Dafür absolvierte sie vor zwei Jahren extra den Trainerschein, wobei sie in einer Klasse mit 34 Teilnehmern eine von nur vier Frauen war.

Diese Unterrepräsentation kommt nicht von ungefähr – sie spiegelt sich auch in den Zahlen des Schweizer Fussballverbandes (SFV) wider. So betrug der Frauenanteil unter den rund 2 300 lizenzierten Trainern im Aargauer Fussballverband zum Stand vom 1. Mai 2025 gerade einmal 7,4 Prozent. Dominik Erb, Verantwortlicher für Kommunikation im Frauenfussball beim SFV, sagt dazu: «Bis 2027 soll die Zahl der Trainerinnen im Vergleich zum Stand von Januar 2024 verdoppelt werden» – Bedeutet: zwischen 7 und 7,5 Prozent. Die Förderung und Rekrutierung weiblicher Trainerinnen sei eines der Hauptziele der Legacy, dem Förder- und Vermächtnisprogramm des SFV für Mädchen und Frauen im Fussball – im Kontext der UEFA Women‹s EURO 2025 in der Schweiz. Um Eintrittshürden abzubauen, wird angestrebt in vielen Regionen gezielt reine Frauenkurse anzubieten und aktiv zu bewerben.

ANFÄNGLICHE ZWEIFEL VERBLASSTEN SCHNELL

Stäuble ist gegenwärtig für die Entwicklung von 18 Spielerinnen im Alter zwischen 18 und 36 Jahren zuständig. Anfänglich hatte sie zwar ein paar Zweifel, ob sie das meistern kann, doch in Anbetracht ihrer rund 30-jährigen Erfahrung und ihrem Wissen im Fussball fiel es ihr zum Teil leichter, die Aufmerksamkeit der Mannschaft zu gewinnen. Um alle ins Boot zu nehmen und motiviert bei der Sache zu haben, gestaltet sie die zweimal wöchentlichen Trainingseinheiten am Montag und Donnerstag für die unterschiedlichsten Leistungsniveaus. Zudem führt sie Jahresgespräche durch, um zu erfahren, was die Mannschaft bewegt und wo sie ihr Engagement anpassen kann. Eine Besonderheit, die sie sich als Spielerin bisher vergeblich von ihren Trainern gewünscht hat.

«Ich sehe mir auf YouTube auch manchmal Videos über Taktik- und Technikübungen an», sagt Stäuble, von denen sie später einige in ihre Trainingseinheiten einbaut. Im Vordergrund steht dabei der Spass – schliesslich engagiert sie sich für einen Breitensportverein, der keinem übermässigen wirtschaftlichen Druck ausgesetzt ist. Stäuble hat das Trainersein liebgewonnen. Vor allem empfindet sie eine Genugtuung, wenn die Spielerinnen mit ihren Ratschlägen sich verbessern und ihre Ideen zu einem erfolgreichen Spielausgang führen. Auch in der eigenen Persönlichkeitsentwicklung hat Stäuble an sich Fortschritte bemerkt: «Früher hatte ich Mühe vor Menschen zu sprechen. Heute fällt es mir durch die regelmässigen Ansprachen vor der Mannschaft deutlich leichter.»

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